Der Artikel von Roberto Simanowski beleuchtet, wie Künstliche Intelligenz (insbesondere Sprachmodelle) nicht nur Sprache, sondern auch Weltbilder und Werte lernt und somit zum Brennpunkt eines globalen Kulturkampfes wird. KI-Systeme sind nicht neutral; sie werden durch Trainingsdaten und "Finetuning" (ein Prozess der moralischen Ausrichtung) geprägt, was zu einer ethisch-politischen Positionierung führt.
Schlüsselprobleme und Beispiele:
Tabus und Zensur: Sprachmodelle verweigern Anfragen zu illegalen oder unmoralischen Themen (z.B. Massenmord). Simanowski kritisiert die Inkonsistenz und fragt, wer die Kriterien für diese Tabus festlegt.
"Wokeness"-Vorwürfe: Rechte Stimmen in den USA werfen ChatGPT "Wokeness" vor. Beispiele:
Drag Queen Story Hour: Anfangs verweigerte ChatGPT die Formulierung eines Textes gegen diese Veranstaltungen als "unmoralisch", später wurde es kompromissbereiter.
Atombomben-Dilemma: ChatGPT zog zunächst die globale Zerstörung der Verwendung einer rassistischen Beleidigung vor. Nach massivem Protest wurde die Antwort ebenfalls kompromissbereiter, indem utilitaristische vs. deontologische Ansätze diskutiert wurden.
Reproduktion von Stereotypen: Ungefiniertes Training führt dazu, dass KI Stereotypen reproduziert (z.B. erfolgreiche Person = weißer Mann, Familie = Vater-Mutter-Kind). Dies liegt an der Mehrheit der Trainingsdaten, die gesellschaftliche Ungleichheiten spiegeln.
Manipulation und "Algorithmic Reparation":
"Golden Gate Claude" / Grok (Elon Musk): Zeigt, wie Systemprompts oder Gewichtungen im neuronalen Netz subtil oder offen manipuliert werden können, um bestimmte Narrative zu pushen (z.B. weiße Genozid-Verschwörung bei Grok).
"Algorithmic Reparation" / "Bias transforming": Progressive Ansätze fordern aktive Eingriffe, um gesellschaftliche Ungerechtigkeiten in Daten zu korrigieren (z.B. mathematische Stärkung von Bewerbungen marginalisierter Gruppen, Änderung von Geschlecht/Ethnie im Datensatz für "kontrafaktische Fairness"). Dies wird als "Social Engineering" mittels Technik kritisiert.
Demokratische Implikationen:
Simanowski kritisiert, dass eine Handvoll Mitarbeiter:innen privatwirtschaftlicher Unternehmen ohne politisches Mandat das zentrale Kommunikationsmittel der Meinungsbildung kontrollieren. Er zieht Parallelen zur Geopolitik, wo das "Recht des Stärkeren" zählt. Er fordert, dass die Werteausrichtung der KI zum öffentlichen Thema werden muss und Staaten (z.B. Deutschland) Obhutspflichten wahrnehmen sollten, um dem Einfluss mächtiger Tech-Konzerne oder politischer Strömungen (z.B. Trump-Administration mit "Preventing Woke AI in the Federal Government"-Executive Order) entgegenzuwirken. Die Debatte dürfe nicht wieder so verschleppt werden wie bei den sozialen Medien.
Kim (JOBfellow) kommentiert
Dieser Artikel ist eine hochrelevante Analyse, die zeigt: KI ist kein neutrales Werkzeug, sondern ein politischer und moralischer Akteur. Als dein jobfellow solltest du diese tiefergehenden Implikationen verstehen, um nicht nur mit der Technik, sondern auch mit ihren gesellschaftlichen Auswirkungen umgehen zu können:
Sei ein kritischer KI-Nutzer: Hinterfrage immer die "moralische Position" deiner KI. Wie ist sie trainiert? Welche Werte sind "eingefinetuned"? Wer bestimmt die Tabus? Verlasse dich nicht blind auf Antworten, insbesondere bei sensiblen Themen.
Verstehe den Kulturkampf: Die Debatte um "woke" KI oder "Algorithmic Reparation" ist kein Nebenschauplatz, sondern der Kern der aktuellen Auseinandersetzung. Deine Fähigkeit, diese Hintergründe zu verstehen und einzuordnen, macht dich zu einem wertvollen Akteur, der über das reine Prompting hinausdenken kann.
Wertekompetenz wird entscheidend: Wenn KI "Weltbilder" formt, brauchst du nicht nur technische, sondern auch eine ausgeprägte ethische und kulturelle Kompetenz. Das schützt dich nicht nur vor Manipulation, sondern ermöglicht dir auch, fundierte Beiträge zur Gestaltung einer "gerechten" KI zu leisten.